2025-03-10

Das wichtigste Lautgesetz: Vokalharmonie

Die ungarische Sprache ist durch eine Erscheinung geprägt, nämlich die Vokalharmonie, das „Zueinander-Passen“ der einzelnen Vokale eines Wortes.
Vokalharmonie ergibt in erster Linie für agglutinierende Sprachen Sinn, da diese mit Endungen (Suffixen) arbeiten. Sie ist ein charakteristisches Lautgesetz in den finno-ugrischen Sprachen und den Turksprachen.
Es handelt sich grundsätzlich darum, dass der Vokal der Stammsilbe die Verwendung von bestimmten Vokalen in den Folgesilben (Endungen) des Wortes bedingt. 

Je nach dem Artikulationsort gibt es zwei Typen der Vokale:
helle
die vorne im Mundraum gebildet werden (auch: Vordervokale), und
dunkledie weiter hinten im Mundraum gebildet werden (auch: Hintervokale) 

siehe das 👇Bild

Kurze Übersicht👇

Aber wozu überhaupt diese Aufteilung?😲

Dieses Lautgesetz beruht nämlich auf dem Grundsatz, dass die Vokale innerhalb eines Wortes harmonisieren. Man passt also die Variante der jeweiligen Endung (des Suffixes) dem jeweiligen Typ des Wortes an.

Das gilt für die Suffixe an Wörtern jeder Wortart. Abhängig davon, was für Vokale ein Wortstamm enthält, unterscheiden wir helle, dunkle und gemischte Wörter.

Die dunklen Wörter enthalten nur dunkle Vokale, z.B.: ház - Haus, bolt - Geschäft, bútor - Möbel

Die hellen Wörter enthalten nur helle Vokale, z.B.: épület - Gebäude, öltöny - Anzug, híd - Brücke

Die gemischten Wörter enthalten sowohl dunkle als auch helle Vokale. Diese sind oft Fremdwörter. Z.B.: vihar - Sturm, boríték - Briefumschlag

✅ Abhängig davon, wie viele Varianten ein Suffix hat, werden Suffixe mit einer, mit zwei und mit drei Formen unterschieden.

a) Nur eine Variante haben: -ig (bis), -ként (als), -kor (um), -Besitzzeichen. Bei diesen Suffixen spielt die Vokalharmonie keine Rolle.

b) Die meisten Suffixe haben zwei Varianten, eine helle und eine dunkle: z.B.: -ban/-ben (in + Dativ), -unk/-ünk (Verbkonjugationssuffix 1. Person Plural - tanulunk/beszélünk (wir lernen/wir sprechen) usw. 

Zu dunklen und gemischten Wortstämmen kommt immer die dunkle Variante, zu hellen Wortstämmen kommt immer die helle Variante:

Z.B: házban (im Haus), olvasunk (wir lesen), épületben (im Gebäude), keresünk (wir suchen), sofőrnek (dem Chauffeur).

c) Drei Varianten haben die Suffixe -hoz/-hez/-höz (zu), -on/-en/-ön (auf+Dativ, an+Dativ), -szor/-szer/-ször (-mal), wobei die helle Variante zwei Formen hat:

- eine mit Lippenrundung: öltönyhöz (zum Anzug) und
- eine mit Lippenspreizung: ebédhez (zum Mittagessen)

Das Suffix mit ö (unabhängig des Vokaltyps) wird an Wörter angehängt, deren letztes Vokal ö, ö, ü oder ű ist.
Z.B.: sofőrhöz (zum Fahrer), ötször (fünfmal), küldök (ich schicke)

✅Zusammengesetzte Wörter werden dem zweiten Teil entsprechend suffigiert: szék+láb = székláb (Stuhlbein) -> széklábhoz  (zum Stuhlbein), 
arc+kép = arckép (Portrait) -> arcképen (auf dem Porträt)
bab + leves = bableves (Bohnensuppe) -> bablevesbe (in die Bohnensuppe)
száz + öt = százöt (hundertfünf) -> százötször (hundertfünfmal)

✅ Die hellen Vokale i - í und é verhalten sich aus sprachhistorischen Gründen in bestimmten einsilbigen Wörtern wie dunkle Vokale, z.B.: iszik -> iszom, híd - hídon - auf der Brücke, ír -> írok - ich schreibe, nyit -> nyitok - ich öffne, nyíl -> nyilak - Pfeile, héja - seine/ihre Schale.

✅ Bei Fremdwörtern oder denen mit fremder Herkunft zählt der Typ des letzten Vokals z.B.: szoftverben (in der Software), fotelhez (zum Sessel), a computerről (über den Computer)
ABER: ❗mobilra (auf das Handy)

Die gesamten Endungen
 an
 Substantiven mit Bedeutung
findet ihr hier 👇



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